Die erste bewusste Begegnung hatte ich im Herbst 2006 mit Dekan Deetjen bei der Lemberger-Lese in einem Weinberg der Weingärtner Brackenheim und lernte dort auch gleich das „originelle Deetjen-Vokabular“ kennen, das stets für viel Freude, aber auch zum Nachdenken sorgte.
Mit einem „Adieu-Gottesdienst“ und einem Empfang im Bürgerzentrum Brackenheim verabschiedeten sich die evangelischen Christen von Zabergäu und Leintal am Sonntag, dem 20. April 2008 von ihrem 30. Dekan. Deetjen dazu: „Da will ein Pfarrer mal ein Abschiedsfest feiern, schon spuckt ihm der Teufel in die Suppe und schickt ihm eine Erkältung“. Obwohl es ihm zeitweise schwer fiel, hielt er durch und seine Umarmung bei der Begrüßung an der Kirchentür oder beim Bürgerzentrum tat den Gläubigen noch einmal gut. Sie hörten seine letzte Predigt mit Wehmut.
„… Wir gehören unserem Herrn und können uns auf Gottes Ewigkeit freuen. Da vergeht einem das Lachen nie“, sagte Deetjen. Auch heute dürfe keiner „ungelacht aus der Kirche gehen“. Mit einer seiner „Dekans-Esel-Geschichten“ brachte er die Gemeinde auch gleich zum Lachen. Er ermunterte zu Offenheit und Zuversicht – auch angesichts von Krankheit und Pein. Er warb für die Ökumene, die Altenarbeit, das solidarische Miteinander und die Unterstützung der Jugend.
Er war 15 Jahre Stadtpfarrer von Brackenheim und als Dekan an der Spitze des evangelischen Kirchenbezirks Zabergäu-Leintal. Seine Frau Ingrid, mit der er 40 Jahre verheiratet ist, kommt aus Heilbronn-Sontheim. Deetjen selbst wuchs in Schwäbisch-Gmünd nur mit der Mutter auf, der Vater war 1944 im Krieg gefallen. Nun wollen die beiden ihren Ruhestand in Rottweil leben. Er spürt, zumal nach langer Krankheit, „dass es Zeit ist, loszulassen, und ich freue mich, dass ich selbstbestimmt leben kann“.
Zurück lässt er einen gut aufgestellten Kirchenbezirk und eines seiner wichtigsten Projekte – das Jugendwerk – steht sehr gut da.
Deetjen ist dankbar für die über 3000 Ehrenamtlichen in Zabergäu und Leintal und das hohe Wir-Bewusstsein, das nicht nur die eigene, sondern auch die anderen Gemeinden drum herum sieht.
Als Dekan, „einer Art kirchlicher Landrat“, bemühte sich Deetjen um gute Partnerschaft zu allen gesellschaftlichen Entscheidungsträgern. Mit den politischen Abgeordneten jeder Coleur pflegte er intensive Kontakte, mahnte und forderte oft auch Unangenehmes.
Als Vorgesetzter lag ihm an einem „vertrauensvollen Führungsstil, der fördert und stärkt, aber nicht belastet“. Wünschen wir uns das nicht auch alle im täglichen Leben?
Wie sehr die Gemeinde ihren Pfarrer ehrt, zeigte die volle Kirche und das bis auf den letzten Platz besetzte Brackenheimer Bürgerzentrum. Nach vielen Redebeiträgen und originellen musikalischen Aufführungen ergriff Dekan Dr. Werner- Ulrich Deetjen das Abschiedswort.
Seinen Dank an Gott brachte er zum Ausdruck: Wider seine Ängste und seine Bedrängnis habe Gott ihm geholfen, ihm Kirche und Weinberg anvertraut, ihn getragen. Seine Empfehlung an alle: „Bleibt auf der Lebensspur der Liebe.“
Geschrieben von Bernhard Stein, Kategorie: Portraits